Von unserem Redaktionsleiter Markus Müller
Wir haben sehr interessante Einblicke in die persönliche Geschichte von Menschen in unseren Familien oder aus der unmittelbaren Region bekommen, von denen wir sonst wahrscheinlich nie erfahren hätten." So bewertet Maximilian Schwarz aus Ransbach-Baumbach die vom Leistungskurs 1 Geschichte am Mons-Tabor-Gymnasium in Montabaur in diesem Schuljahr durchgeführte Zeitzeugenbefragung.
"Zwar mussten wir uns bei dem Projekt an Grundregeln halten, aber ansonsten hat uns unser Lehrer Dr. Markus Müller freie Hand gelassen, vor allem auch bei der Auswahl der Gesprächspartner." Wie sein Kurskollege Max Gumpert (Leuterod) erläutert, baute das Projekt auf der sogenannten Oral History auf, der mündlich überlieferten Geschichte. Grundidee war, Personen aus dem eigenen Lebensumfeld nach selbst erlebten Ereignissen im 20. Jahrhundert zu fragen und sie in den historischen Kontext zu stellen, der von den Schülern recherchiert werden musste. Das war gerade bei lokalen Ereignissen natürlich gar nicht so einfach, bescheinigte auch Müller seinen Schützlingen.
Außerdem sorgten die Schüler auch für ein aktuelles und ein früheres Bild ihrer Gesprächspartner. Möglichst sorgten sie auch für Fotos der entsprechenden Ereignisse oder für sonstige Dokumente oder Erinnerungsstücke. So präsentierte
Katharina Ontrup (Horressen), die gleich zwei Zeitzeugenbefragungen erledigte, eine Uhr, die sie von ihrer Gesprächspartnerin erhalten hatte: Über das Leben in Mecklenburg-Vorpommern von 1930 bis 1954 sprach sie mit Hans Jörg von Aster, der heute bei Münster lebt. Marion von Aster berichtete ihr vom Leben in China während der Zeit des Nationalsozialismus. Dabei erfuhr die Schülerin aus dieser Zeit viele Tatsachen mal aus einer ganz anderen Sichtweise.
Während einige Schüler ihre Gesprächspartner vor dem Interview nicht gekannt hatten, führten andere die Gespräche im Familienkreis. So kam Tobias Rohrmann aus Ebernhahn über eine Nachbarin an einen 93-jährigen, in Hartenfels geborenen Zeitzeugen, der ausführlich von seinen Erlebnissen in der Hitlerjugend berichtete. Ebenfalls aus der Jugendzeit im Dritten Reich erzählte ein 80 Jahre altes Familienmitglied von Sebastian Relewicz aus Ruppach-Goldhausen. "Das war heute noch ein sehr emotionales Thema für ihn", stellte der junge Interviewer fest.
Auch dramatische Ereignisse in der Region spiegelten sich in den Berichten wider: Maximilian Gumpert erfuhr von einer Zeitzeugin vom Abschuss einer V 2 bei Leuterod, Maikel Wingender (Ebernhahn) von einem Verwandten vom Bombenangriff auf seine Heimatgemeinde im Jahr 1945 und Katharina Hutgens (Montabaur) über eine ältere Montabaurerin vom Einmarsch der Amerikaner in der Kreisstadt. Auch Christopher Högner (Wirges), Frederike Hubl, Kai Schmidt (beide Nentershausen), Lena Becker (Obererbach), Peter Pistor (Hundsangen), Sebastian Jentzsch (Montabaur) kamen mit ihren Interviewpartnern die Generationen übergreifend oft richtig tief ins Gespräch. Sie erfuhren viel über die Lebensumstände gerade in schwierigen Zeiten.
Sie versuchten aber auch herauszufinden, ob das aus der Erinnerung heraus Erzählte in den historischen Kontext passte. Wenn es mit der Finanzierung klappt, wollen die Schüler ihr Projekt als Buch herausgeben.