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Urteil: Lebenslange Haft für Dahmen-Mörder

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Von unserer Redakteurin Stephanie Kühr

"Damit ist der Automatismus einer möglichen Haftentlassung ab 15 Jahren unterbrochen. Sie müssen mit einer längeren Haftstrafe rechnen", sagte der Vorsitzende Richter Ralf Bock, den verurteilten Mörder fest im Blick.

Mit bleichem Gesicht, die Augen starr auf den Richter gerichtet und ohne sichtliche Emotion, nahm der Brasilianer das Urteil entgegen. Zum Ende der Beweisaufnahme hatte sich der kleine untersetzte Mann noch einmal geäußert. "Ich möchte sagen, dass die Waffe von Dirk Dahmen war. Ich hatte nicht vor, ihn zu töten. Es tut mir leid, dass es so gekommen ist", sagte er.

In der Urteilsbegründung nannte Richter Ralf Bock die Aussagen von Francisco A. eine betrügerische Strategie, "um zu retten, was zu retten ist". "Wir sind überzeugt, dass sie eine Waffe mitgebracht und in einem Holster unter dem Hemd getragen haben. Dann haben sie die Waffe gezogen und Dirk Dahmen in den Hinterkopf geschossen", sagte Bock. Die besondere Schwere der Schuld resultiere daraus, dass zwei Mordmerkmale erfüllt seien. Habgier als Tatmotiv und die Heimtücke der Tat. Dirk Dahmen sei arg- und wehrlos gewesen. "Sie haben zwei Kindern ihren Vater genommen. Einer Frau den Lebensgefährten. Den Eltern den Sohn." Die Stille im Gerichtssaal war hörbar, als Richter Bock die unfassbare Dimension der Tat in Worte fasste.

Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägeranwaltes Roland Weber, der die Eltern des Todesopfers vertrat. Verteidigerin Sandra Jung hatte dagegen auf Totschlag plädiert. Staatsanwalt Christian Callies zeichnete in seinem Plädoyer ein überzeugendes Bild, wie sich die Bluttat ereignet haben mag: Francisco A. knüpfte im März 2012 über die Internetseite mobile.de Kontakt zu Dirk Dahmen. Am 15. April reiste er zu ihm nach Montabaur und vereinbarte einen Tag später den Kauf von vier Luxuswagen. Den Kaufpreis von 825 000 Euro wollte der Brasilianer in bar übergeben. Ein Fahrer sollte das Geld angeblich in der Schweiz holen. Das Geschäft sollte am Morgen des 18. April 2012 abgewickelt werden. Ein Spediteur verlud gegen 9.20 Uhr drei der Autos und fuhr in Richtung Monaco.

Den vierten Wagen wollte Francisco A. selbst steuern. Gemeinsam mit Dirk Dahmen wartete er in dessen Büro auf den Geldkurier - den es nie gab. "Der Angeklagte hatte keine Geldmittel, um den Kaufpreis zu begleichen", sagte Callies. Der Brasilianer versuchte, Fahrzeugpapiere und Schlüssel zu bekommen. Vergeblich. Als er merkte, dass Dirk Dahmen dies nicht ohne den Kaufpreis übergeben würde, lenkte er den Westerwälder mit einem Gespräch über teure Uhren und eine Preisrecherche auf der Internetseite Chrono 24 ab. In dieser Situation, so Callies, habe der Angeklagte den Revolver aus dem Schulterholster gezogen und Dahmen von hinten in den Kopf geschossen.

Die Aussage des Brasilianers, Dahmen habe eine Waffe aus der Schublade gezogen und ihn selbst bedroht, nachdem er dem Westerwälder ein Kommissionsgeschäft vorgeschlagen habe, nannte Callies unlogisch. Die Aussage, er habe Dahmen mit dessen Waffe erschossen, sei eine taktische Schutzbehauptung. Freunde und Familie sagten aus, Dahmen habe keine Waffe besessen. Im Tresor des Autohändlers gab es keine Waffenspuren. Der Schreibtisch hatte keine Schublade. Und: Es gab keine Kampfspuren. Soll der Mörder Dahmens Waffe genommen, in aller Ruhe um den Schreibtisch herumgegangen sein und ihn dann ohne dessen Gegenwehr erschossen haben? Das Gericht folgte der Sicht der Staatsanwaltschaft.


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