Quantcast
Channel: Newsletter der Rhein-Zeitung: Der Abend-Newsletter für Rheinland-Pfalz
Viewing all articles
Browse latest Browse all 10498

Putzfrau leerte Sparkästchen mit Draht und Pinzette

$
0
0

Von unserem Redakteur Michael Wenzel

Als die Sache aufflog, unterschrieb sie dem Gastwirt ein Schuldgeständnis, widerrief es später wieder und legte letztlich vor Gericht doch ein Geständnis ab. Dies ersparte ihr einen längeren Aufenthalt hinter Gitter.Die zweifach vorbestrafte Hartz IV-Empfängerin erhielt noch einmal eine zweite Chance. Ein Gericht unter Vorsitz von Hans Helmut Strüder verurteilte die 45-Jährige in Westerburg zu einer Bewährungsstrafe  von einem Jahr. Sie muss zudem 200 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten und wegen ihrer Spielsucht in eine ambulante Therapie. Die Frau hatte die Sparer um knapp 3660 Euro erleichtert.

Schon seit Jahren ging sie in der Gaststätte als Putzfrau routinemäßig ihrer Arbeit nach. Zu dem Betreiber und den Gästen pflegte sie ein fast familiäres Verhältnis. Doch damit war es Mitte 2012 abrupt zu Ende, als sich bei der Leerung der Sparkästchen herausstellte, dass da jemand unerlaubt seine Finger im Spiel hatte. Exakt 3658 Euro, das ergab die Schadensaufnahme, waren auf zunächst unerklärliche Weise abhanden gekommen. Mal waren es 10 oder 50 Euro, die im Kästchen fehlten, mal 100, 200 oder 300 Euro. Aus einem der Kästchen waren ganze 678 Euro verschwunden waren. Schnell fand sich auch eine Tatverdächtige: Es war die Putzfrau, denn die konnte sich an den Sonntagen, an denen sie die Gaststätten reinigte, unbeaufsichtigt in den Räumen aufhalten. Mit einem Draht und einer Pinzette, so ergaben es die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, hatte sie die Scheine aus den jeweiligen Kästchen gezogen. Am Ende hatte sie noch nicht einmal von dem Geld, da sie es ganz offensichtlich in einer Spielhalle verschleuderte.

Die Aussagen der 45-Jährigen vor Gericht waren widersprüchlich und zum Teil diffus. Zunächst unterschrieb sie dem Gastwirt ein Schuldgeständnis, entschuldigte sich sogar bei einzelnen Sparern. Dann behauptete sie wieder, sie habe das Geständnis nur unterzeichnet, weil der Kneipier ihr zugesagt hatte, „die Kuh vom Eis zu holen". Sie sei sich, so die Angeklagte, der Konsequenz nicht bewusst gewesen. Doch die Kuh, sie blieb auf dem Eis. Dafür sorgte schon die Staatsanwaltschaft, die schließlich Anklage gegen die Reinigungsfrau erhob. Als der Putzfrau letztlich ein Aufenthalt hinter schwedischen Gardinen drohte, vollzog sie während des Prozesses nach einer Verhandlungspause und einer ausgiebigen Beratung mit ihrem Verteidiger in ihrem Aussageverhalten erneut eine Kehrtwende und räumte sämtliche Vorwürfe ein.

Richter Strüder sprach - was die Einlassungen der Angeklagten betraf - von einem Zickzackkurs und einer Achterbahnfahrt, die Angeklagte habe sich schwer getan mit der Wahrheit. Nach Lage der Akten, dass machte der Richter deutlich, ist der Sachverhalt eindeutig. Jedes weitere Abstreiten, so Strüder, hätte die Situation für die Frau nur verschlimmert.  Doch letztlich habe sie ein glasklares Geständnis abgelegt, was vor einem Aufenthalt hinter Gitter bewahrte. „Die Angeklagte hat", so der Richter abschließend, „noch einmal die Kurve gekriegt." Weil zu befürchten ist, dass die Frau wegen einer Spielsucht strafrechtlich rückfällig werden könnte, ordnete das Gericht eine ambulante Therapie an.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 10498


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>