Westerwald/Koblenz - Der Berufungsprozess vor dem Landgericht Koblenz um den getöteten Westerwälder Wolf nahm ein schnelles Ende, nachdem der Verteidiger des Angeklagten Folgendes vorschlug: Gegen die Einstellung des Verfahrens bot er im Namen seines Mandanten an, dass dieser binnen zwei Monaten seinen Jagdschein abgibt, seine Waffen verkauft und anschließend auch den Waffenschein abliefert. Außerdem zahlt er 3500 Euro an die Staatskasse. Staatsanwalt, Richter und Schöffen waren damit einverstanden.
Damit, so erklärte Oberstaatsanwalt Ralf Tries hätten beide Seiten einen kleinen Sieg davon getragen: Der 73-jährige Mann aus Nordrhein-Westfalen darf nicht mehr jagen, ist dabei aber nicht vorbestraft. Wäre das Urteil des Amtsgerichtes Montabaur rechtskräftig geworden, hätte er die gleichen Auflagen erfüllen müssen, wäre aber vorbestraft aus dem Prozess hervorgegangen. Normalerweise müsse im Fall einer Verfahrenseinstellung keine Begründung ausgesprochen werden. Weil der Fall in der Öffentlichkeit jedoch für viel Aufsehen gesorgt hat, kommentierte Richter Bernd Minnebeck dennoch das Vorgehen. Unter zwei Bedingungen sei die Verfahrenseinstellung möglich: Wenn die Auflagen geeignet sind, die Bedürfnisse der Öffentlichkeit zu erfüllen, und wenn bei der Tat davon ausgegangen werden kann, dass nicht Vorsatz, sondern Fahrlässigkeit dazu geführt hat. Natürlich, ergänzte er, habe der Naturschutz ein berechtigtes Interesse, dass die Schwere des Vergehens anerkannt wird. Mit der Tatsache jedoch, dass der 73-Jährige das Jagen aufgebe, sei der Öffentlichkeit gedient. Außerdem, so betont Oberstaatsanwalt Tries, sollte der Fall nicht „überkriminalisiert“ werden. Schließlich sei es sogar bei Strafprozessen nach tödlichen Unfällen möglich, das Verfahren einzustellen – und dabei gehe es um Menschenleben.
Zur Erinnerung: Der heute 73-jährige Jäger hatte im Frühjahr vergangenen Jahres in seinem Hartenfelser Revier den ersten Westerwälder Wolf erschossen, der nach mehr als 120 Jahren in der Region aufgetaucht war. Er stellte sich der Polizei und gestand, geschossen zu haben – jedoch unter der Annahme, dass es sich um einen wildernden Hund handelte, den er nicht töten, sondern dessen Besitzer er warnen wollte.
Im Verfahren vor dem Amtsgericht Montabaur wurde er für schuldig befunden, gegen das Tierschutzgesetz verstoßen zu haben. Die Frage nach einem Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz blieb unbeantwortet. Nach Ansicht des Amtsgerichtes konnte nicht eindeutig definiert werden, welcher Herkunft ein Wolf sein muss, damit sein Schutz unter das Bundesnaturschutzgesetz fällt. Der Oberstaatsanwalt ging daraufhin in Berufung, weil er genau diese Schuld nachweisen wollte. Der Verteidiger ging in Berufung, weil er für seinen Mandanten einen Freispruch erwirken wollte.
Mit der Einstellung des Verfahrens vor dem Landgericht Koblenz hatte kaum jemand gerechnet. Schließlich waren vier Verhandlungstage geplant, 13 Zeugen sowie fünf Gutachter geladen, und sogar das Wolfspräparat sollte zur Beweisführung herangezogen werden. Der Nabu zeigte sich in einer ersten Reaktion vom Ausgang des Prozesses enttäuscht.
Von unserer Redakteurin Susanne Willke