Von unserer Redakteurin Stephanie Kühr
In den bisherigen Verhandlungstagen setzten sich die zahlreichen Zeugenaussagen, Indizien, Spurenauswertungen und Fachgutachten wie ein Puzzle Stück für Stück zusammen und zeichneten ein Bild dessen, was sich an jenem 18. April 2012 in der Millionenvilla des Montabaurer Autohändlers Dahmen ereignet haben mag. Der Brasilianer Francisco A. hat gestanden, den Vater zweier Söhne am 18. April 2012 in dessen Haus am Montabaurer Himmelfeld von hinten in den Kopf geschossen und getötet zu haben. Nach Aussagen des Gerichtsmediziners war das Projektil im Hinterkopf des Opfers tödlich. Nichts habe auf ein vorausgehendes Kampfgeschehen hingedeutet. Das Opfer sei vermutlich im Sitzen erschossen worden. "Das war kein Schuss aus nächster Nähe", sagte der Gerichtsmediziner.
Während die Staatsanwaltschaft dem Brasilianer, der im Prozess einen dubiosen Eindruck hinterließ und widersprüchliche Angaben zu seiner Biografie machte, vorwirft, aus Habgier und heimtückisch gemordet zu haben, beteuert Francisco A., er habe die Tat nicht geplant. "Ich habe nie geplant zu töten", hatte er seine Anwältin Sandra Jung verlauten lassen. Der Brasilianer behauptet sogar, Dahmen habe ihn vor seinem Tod selbst mit einer Waffe bedroht. Die Tage zuvor hatte der Angeklagte, der von Monaco aus in den Westerwald gekommen war, mit Dahmen über den Kauf von vier Luxusautos im Wert von 825 000 Euro verhandelt. Am 18. April 2012 empfing Dahmen den Brasilianer in seinem Büro, um den Kauf abzuwickeln. Beide warteten auf den Geldboten, den es jedoch nie gab. Der Brasilianer schlug angeblich ein Kommissionsgeschäft vor - die Situation eskalierte vermutlich. Francisco A. will Dahmen mit dessen Waffe erschossen haben. Bis heute ist die Tatwaffe verschwunden. Unklar ist dem Waffen-Gutachten zufolge ebenfalls, mit welchem Waffensystem Dahmen ermordet wurde. Fest steht, dass es sich um ein Projektil des Kalibers 38 gehandelt habe.
"Dahinter steckte eine betrügerische Absicht, die Tat war aber ganz sicher nicht geplant", sagte Anwältin des Angeklagten, Sandra Jung, am Rande des Prozesses. Auch der fünfte Verhandlungstag brachte keinen Aufschluss darüber, ob Francisco A. eine Waffe mit sich führte oder ob Dirk Dahmen im Besitz einer Waffe war, die der Brasilianer für den tödlichen Schuss nutzte. Im Zeugenstand sagte ein Polizist aus, der in dem Fall ermittelt hatte.
Demnach sei in einer Wohnung in Frankreich, die dem Täter zugeordnet werde, ein lederner Holster, eine Tasche für Revolver, sichergestellt worden. Dieser Holster stammt vermutlich aus Brasilien und ist in Europa nicht handelsüblich. Der Holster sei geeignet, eine Waffe körpernah und verdeckt unter einem Hemd zu tragen. Der Gummiträger sei kurz; dies weise darauf hin, dass der Holster von einer kleinen Person getragen wurde. Im Leder seien Abdrücke, die vielleicht von einer Revolvertrommel stammen könnten. Der Ermittler sagte weiter aus, Francisco A. habe sich im Februar 2012 auf zwei Internet-Portalen intensiv um den Kauf einer Schusswaffe bemüht. Es sei jedoch nicht bewiesen, dass er eine Waffe erwarb. Dem Brasilianer seien aber verschiedene Angebote unterbreitet worden. Das psychologische Gutachten kam schließlich zu dem Ergebnis, dass Francisco A. nicht an einer ernsthaften Depression leide und auch nicht, wie er selbst behauptet, an einer bipolaren Störung.