Seinen Sinn für Humor hat der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner trotz der Schlappe der Liberalen bei der Bundestagswahl und dem historischen Rauswurf der FDP aus dem Parlament nicht verloren. Als er beim Neujahrsempfang der Westerwälder FDP in der Ransbach-Baumbacher Stadthalle vom FDP-Kreisvorsitzenden Klaus Koch und von Kreisgeschäftsführer Thomas Roth ein Fläschchen Westerwälder Whisky geschenkt bekommt, meint der 35-Jährige mit Blick auf das mit 4,8 Prozent deprimierende Wahlergebnis so spontan wie süffisant: „Ich bedanke mich ganz herzlich, denn bei der FDP hat es lange nichts Hochprozentiges mehr gegeben." Zuvor hatte Lindner vor gut 500 politisch interessierten Gästen in einer knapp einstündigen Rede deutlich gemacht, wohin der Kurs der FDP künftig gehen wird: zur Mitte. Weg von der Steuerpartei, weg von der Klientelpolitik und hin zu einer Partei für all die Menschen, die strebsam und fleißig sind und „in unserem Land etwas erreichen wollen". Was Lindner beim Dreikönigstreffen der FDP als neuen Kurs der Partei ausgegeben hat, das bekräftigt er auch in der Töpferstadt. Lindners Botschaft ist nicht nur an diesem Abend optimistisch: „Die Trauerzeit ist vorbei, wir schauen jetzt nach vorne." Das erklärte Ziel des im Dezember frisch gekürten neuen FDP-Bundesvorsitzenden: „Mit den Liberalen ist in Deutschland weiter zu rechnen." Lindner ist sicher: „Liberale Grundwerte sind wichtig und werden von vielen Menschen geteilt." Aktuelle Umfragen zeigen, dass etwa 30 Prozent der Bundesdeutschen eine liberale Partei wichtig finden. Es müsse eine Partei für all jene geben, die den Wohlstand erarbeiten, bevor die Politik ihn verteilt, definiert Lindner den liberalen Kurs. Unter großem Beifall bringt der FDP-Chef den Kurs der Mitte damit auf den Punkt: „Es ist unsere große Chance, eine bürgernahe Reformpartei zu sein. Das wollen wir uns erarbeiten." Der Liberale steht für einen offensiven, für einen neuen, authentischen Politikstil. Ohne Schnörkel und Allüren. In seinem dunkelblauen Anzug und einem weißen Hemd steht Lindner auf der Bühne mit dem Mikrofon in der Hand, kämpferisch. Das Rednerpult bleibt an diesem Abend leer. Seine Rede hält die neue „alte" Hoffnung der Liberalen frei – ohne Redemanuskript feuert der 35-Jährige in einem dichten Stakkato seine liberalen Überzeugungen in den Saal. Geschliffen formuliert, geistig präsent – und ohne politische Floskeln. Lindner macht in einer unaufgeregten und zugleich energischen Art die politischen Inhalte der Liberalen deutlich. Und er überzeugt. Der FDP-Chef macht deutlich, dass die FDP für Generationengerechtigkeit steht und den demografischen Wandel positiv gestalten will. „Aus der Alterung der Gesellschaft müssen wir einen Gewinn machen", mahnt Lindner. Hier müsse die Politik offensive Antworten geben. Qualifizierte Zuwanderung sei eine davon. Generationengerechtigkeit heißt für den FDP-Chef aber auch, künftige Generationen nicht zu belasten, Altschulden zu tilgen und Neuverschuldung zu reduzieren. „Der Staat muss seine Aufgaben finanzieren können, und zwar ohne neue Schulden zu machen", hält er am konsequenten Spar- und Konsolidierungskurs der Partei fest. „Wir sind gegen eine Gefälligkeitspolitik auf Pump." Kritisch moniert Lindner, dass das Steuersystem nicht der Preisentwicklung angepasst sei. „Davon betroffen sind Millionen von fleißigen Arbeitnehmern, die einen großen Anteil am Aufschwung haben", kritisiert Linder. „Wir wollen nicht nur Berufsgruppen oder Branchen vertreten, sondern fleißige Menschen sollen die Chance haben, Eigentum zu erwerben", rückt Lindner weg von der klassischen Unternehmerklientel hin zur sozialen Mitte. In diesem Sinne ist auch die Energiepolitik im Fokus der liberalen Kritik. „Das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss marktwirtschaftlich gestaltet werden", fordert der Liberale. Seine Kritik: Die Rentnerin und der BAföG-Zahler zahlen in den Topf ein, aus dem die Investoren in grüne Energien ihre Subventionen schöpfen. „Das ist die größte Umverteilung von unten nach oben", kritisiert Lindner unter dem Applaus der 500 Gäste in der Stadthalle. Ebenso wie der Kreisvorsitzende Koch ist der Parteivorsitzende sicher, dass die Liberalen wieder Boden gewinnen. „Laut Forsa liegen wir über der Fünf-Prozent-Marke", unterstreicht Koch mit Blick auf die anstehenden Europa- und Kommunalwahlen. Die Europawahlen im Mai sind die nächste Hürde für die Liberalen, und sie werden zeigen, ob die FDP in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. kür
Ransbach-Baumbach - Christian Lindner begeisterte beim Neujahrsempfang der Westerwälder Liberalen gut 500 Gäste in der Ransbach-Baumbacher Stadthalle.