Von Andreas Jöckel
Es bleibt ein Thema, das stark polarisiert: der juristische Umgang mit dem Handyvideo, das zeigt, wie ein Festgenommener von Polizisten geschlagen und getreten wird. Zwei Anklagen hat die Staatsanwaltschaft erhoben: gegen den Festgenommenen (27) wegen Diebstahl und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gegen zwei Polizisten wegen Körperverletzung im Amt. Über den ersten Prozesstag gegen den 27-Jährigen haben wir in dieser Woche ausführlich berichtet - und dafür auch Kritik einstecken müssen.
Helmut Ortseifen von der Polizeidirektion Montabaur war sehr verärgert, dass wir den jungen Angeklagten wiederholt als Polizeiopfer bezeichnet haben, obwohl die Gerichtsverhandlung gegen seine beiden Kollegen noch gar nicht begonnen hat. Zuschriften anderer Leser halten uns dagegen vor, "viel zu milde" über Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter zu berichten. Diese hätten den an den Tisch gefesselten Angeklagten vor der Öffentlichkeit als unberechenbaren Gewalttäter denunzieren wollen. Tatsache ist, wir bemühen uns um eine objektive Berichterstattung. Deshalb bezeichnen wir jemanden in der Regel auch erst dann als Opfer, wenn der Täter verurteilt ist. In diesem Fall jedoch wiegt unserer Ansicht nach der Videobeweis so schwer, dass man davon ausgehen kann, dass der 27-Jährige Opfer von Schlägen und Tritten wurde. Inwieweit diese strafrechtlich relevant sind, wird das Amtsgericht in den kommenden Monaten entscheiden.
Bei unserer Arbeit am Verhandlungstag hat uns übrigens ein Filmteam der ARD begleitet. Die TV-Kollegen drehen eine 45-minütige Dokumentation über Gewalt durch Polizeibeamte im Dienst im Zusammenhang mit Handyvideos als Beweis. So wie es derzeit aussieht, könnte der Fall aus dem Westerwald dabei ein herausragendes Beispiel für saubere Aufarbeitung und gerichtliche Klärung werden. Wenn das so bleibt, würde es auch die WZ-Redaktion freuen.