Montabaur/Koblenz - Er schlich sich von hinten an sein Opfer heran, hielt ihm eine Waffe an den Kopf – und drückte ab. Der Brasilianer Francisco A. (43) hat im Mordprozess um die Bluttat in einer Westerwälder Luxusvilla ein Geständnis abgelegt. Doch er behauptete vor dem Landgericht Koblenz, sein Opfer habe ihn vor der Tat mit dem Tod bedroht. Seine Aussage: Er reiste von Monaco nach Montabaur, angeblich um Autohändler Dirk Dahmen (41) vier Nobelautos abzukaufen. Er sollte 825 000 Euro bezahlen, hatte aber kein Geld. Da rastete der Autohändler aus, zog eine Schusswaffe aus dem Schreibtisch – kurz später war er tot.
Laut Anklage mordete Francisco A. am 18. April 2012 heimtückisch und aus Habgier. Er soll dem Autohändler vier Luxusfahrzeuge der Marken Bentley, Alfa Romeo, Wiesmann und Mercedes geraubt haben, außerdem vier teure Uhren von Rolex, Chopard und Audemars Piguet. Gesamtwert: 870 000 Euro.
Wer ist dieser Mann? Francisco A. erschien am zweiten Prozesstag in neuer Garderobe, trug keinen roten Häftlingsanzug mehr, sondern Hemd und Sakko. Er setzte sich zwischen seine Anwältin und seine Dolmetscherin – dann erzählte er seine abenteuerliche Geschichte: Geburt in São Paulo, Abitur, abgebrochenes Ingenieurstudium, zwei Kinder, zwei Ehen. Erst handelt er mit Rohstoffen für die Kosmetikbranche, gründet später ein Autogeschäft und eine Baufirma. Dann will er Erdöl verkaufen, weil er einen Venezolaner kennt, der dies auch tut. Er reist deshalb 2011 nach Monaco, um eine Firma zu gründen. Er stellt einen Leibwächter an, der zugleich „Mädchen für alles“ ist. Und er kontaktiert Dirk Dahmen in Montabaur, verhandelt mit ihm über Luxusautos. Das Unglück nimmt seinen Lauf.
Der Angeklagte hinterließ im Prozess einen höchst dubiosen Eindruck. Denn er widersprach sich seit seiner Festnahme mehrfach, mal will er etwa sein Studium abgebrochen, mal mit großem Erfolg absolviert haben. Außerdem verweigerte er die Antwort auf viele Fragen des Gerichts, der Staatsanwälte und eines Psychiaters. Welchen Umsatz machte seine Baufirma? Hatte er erste Kontakte in die Ölbranche? Was verdiente er? Hat er Schulden? Bezahlte er die 2000 Euro Miete für sein Appartment in Monaco? Hat er Alkohol- oder Drogenprobleme?
All dies ließ Francisco A. offen. Aber er berichtete über psychische Schwierigkeiten. Ärzte hätten bei ihm eine bipolare Störung diagnostiziert, außerdem eine Manie. Er leide manchmal unter einem Zwang zum Händewaschen oder Aufräumen. Er sei wegen seiner Probleme 1995 einen Monat in einer Klinik gewesen – und nahm bis zur Tat 2012 täglich Medikamente.
So kam es laut dem Brasilianer zum tödlichen Schuss in Montabaur: Er kontaktierte Dirk Dahmen über die Internetseite mobile.de. Er gab vor, dass er vier Luxusautos kaufen und dafür 825 000 Euro zahlen kann. Tatsächlich wusste er von Anfang an, dass er das Geld nicht hatte. Darum wollte er dem Autohändler ein Geschäft auf Kommissionsbasis vorschlagen, die Autos später bezahlen. Am 18. April 2012 sollte das Geschäft in Montabaur abgeschlossen werden. Ein Spediteur verlud drei der Autos und fuhr Richtung Monaco. Francisco A. blieb mit Dirk Dahmen in dessen Büro und wartete angeblich auf einen Geldkurier. Dahmen zeigte seine Luxusuhren, recherchierte im Internet nach deren aktuellen Preisen. Irgendwann gab der Brasilianer zu, dass er kein Geld hat, die Autos nur auf Kommission kaufen kann. Da wurde der Autohändler sauer, zog plötzlich eine Schusswaffe und bedrohte den Brasilianer mit dem Tod. Der fürchtete um sein Leben und fühlte sich gedemütigt. Er telefonierte, angeblich um das Geld zu besorgen. Dann, als der Westerwälder weiter im Netz surfte und die Waffe weglegte, passierte es. Francisco A. griff danach – und schoss. Er nahm die Uhren und fuhr in einem Mercedes-Cabrio davon. Die Waffe warf er später aus dem Fenster, die Autos und Uhren wollte er verkaufen.
Der Angeklagte ließ seine Anwältin Sandra Jung erklären: „Ich bereue die Tat zutiefst.“ Er habe das Verbrechen nicht geplant, es sei eine Kurzschlussreaktion gewesen. Die Uhren wollte er ursprünglich gar nicht mitnehmen. Er habe sie nur eingepackt, weil er wusste, dass er darauf seine Fingerabdrücke hinterlassen hatte. Der Prozess geht am 24. Juni weiter.
Von unserem Redakteur Hartmut Wagner