Montabaur/Koblenz -Mordprozess um Bluttat in Westerwälder Luxusvilla: Er soll den Autohändler Dirk Dahmen (41) erschossen haben. Er soll aus dem Fürstentum Monaco zu dessen Anwesen nach Montabaur gereist sein, um vier Sportwagen für 825.000 Euro zu kaufen, einen Bentley Continental, einen Alfa Romeo 8C, einen Wiesmann GT, ein Mercedes-Cabrio SLS AMG. Dann, als der Autohändler in seinem Büro am Schreibtisch saß, soll er ihn von hinten erschossen haben – und geflüchtet sein.
Jetzt steht Francisco A. (43) vor dem Landgericht Koblenz. Dem Brasilianer, der in Monaco wohnte und als Autohändler arbeitete, droht lebenslange Haft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, heimtückisch und aus Habgier gemordet zu haben. Weitere Anklagepunkte: Raub mit Todesfolge, Verstoß gegen das Waffengesetz und versuchter Betrug. Der Mann bestritt die Tat bei der Polizei. Aber jetzt legt er vielleicht ein Geständnis ab. Seine Anwältin Sandra Jung sagte unserer Zeitung: „Er wird sich im Prozess umfassend zur Anklage erklären.“ Und: „Es geht möglicherweise in eine andere Richtung.“ Ein Ziel der Anwältin könnte sein, dass die Tat als Totschlag gewertet wird, nicht als Mord.
Am ersten Prozesstag hatte der mutmaßliche Mörder noch keine Möglichkeit auszusagen. Der Vorsitzende Richter Ralf Bock unterbrach die Verhandlung nach dem Verlesen der Anklage. Grund: Ein psychiatrischer Gutachter konnte an der Verhandlung nicht teilnehmen. Er hat den Angeklagten untersucht und soll dessen Aussage vor Gericht mitverfolgen.
Francisco A. wird zu Prozessbeginn von einem Wachtmeister in Gerichtssaal 102 geführt. Er trägt den roten Häftlingsanzug der Justizvollzugsanstalt Koblenz und eine Kapuzenjacke. Er wirkt gefasst, spricht leise mit seiner Dolmetscherin. Er blickt in die Kameras der Fotografen, ohne sich das Gesicht zu verdecken. Und er blickt in die Gesichter von Dirk Dahmens Mutter (61) und Vater (64) – ohne merkliche Emotion. Doch seine Anwältin sagt später: „Er leidet sehr unter dem Tatvorwurf.“
So kam es laut der Anklageschrift zum Mord: Francisco A. knüpfte über die Internetseite mobile.de Kontakt zu Dirk Dahmen. Im April 2012 reiste er zu ihm nach Montabaur und vereinbarte den Kauf von vier Sportwagen. Den Kaufpreis von 825 000 Euro sollte er in bar übergeben. Am 18. April war es soweit. Beide trafen sich in Dahmens Villa. Anfangs schien alles gut zu laufen. Ein Spediteur verlud drei der Autos und fuhr Richtung Monaco. Francisco A. blieb mit einem Mercedes-Cabrio zurück und wartete mit dem Westerwälder – angeblich auf einen Geldkurier. Beide saßen im Büro, unterhielten sich über Luxusuhren. Dahmen zeigte seine Schätze, zwei Rolexuhren, eine Chopard, eine Audemars Piguet. Gesamtwert: 45 000 Euro. Francisco A. verlangte die Papiere und Schlüssel der Autos, doch der Westerwälder wollte erst sein Geld. Da zog der Brasilianer eine Waffe und schoss ihm in den Kopf. Er nahm die Uhren, setzte sich in das Cabrio und fuhr davon.
Dirk Dahmens Leiche wurde wenige Stunden später von dessen Lebensgefährtin entdeckt. Der Tote hinterließ zwei Söhne. Die Polizei fahndete international nach dem mutmaßlichen Mörder – mit Fotos und Videos. Gut zwei Wochen später wurde Francisco A. in Monaco festgenommen. Die Tatwaffe ist bis heute verschwunden.
Anwältin Sandra Jung meint: „Das war sicher keine geplante Tat.“ Ganz anders sieht es Nebenklägeranwalt Roland Weber, der die Eltern des Todesopfers vertritt. Er sagt: „Nach derzeitiger Aktenlage gehe ich davon aus, dass es eiskalt geplanter Mord war. Die Indizien sind erdrückend.“ Die Eltern sahen dem mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes vor Gericht erstmals in die Augen. Ihr Anwalt: „Das war sehr belastend für sie. Aber sie möchten im Prozess dabei sein, um zu erfahren, was an jenem Tag passiert ist.“
Der Angeklagte hatte möglicherweise einen Komplizen. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt noch gegen einen Franzosen (49). Der agierte vielleicht als Fahrer, soll aber nicht unmittelbar an der Bluttat beteiligt gewesen sein. Er sitzt derzeit nicht in Untersuchungshaft, da der Tatverdacht nicht dringend ist. Der Prozess geht am 5. Juni weiter. Dann sagt wohl der Angeklagte aus. Ein weiterer Prozesstag findet am 24. Juni statt. Es wird zusätzliche Termine geben, sie sind aber noch nicht bekannt.
Von unserem Redakteur Hartmut Wagner